Bremen. Die Stammkunden der Verkehrsunternehmen im Tarifgebiet des VBN kennen es gar nicht mehr anders: pünktlich zum Jahreswechsel sollen die Fahrpreise am 01.01.2018 angehoben werden. Die ZVBN-Verbandsversammlung hat am 26.09.2017 der Vorlage des VBN zugestimmt. Der Fahrgastbeirat im VBN fordert die Neu- und Rückgewinnung von Kunden durch ein besseres Preis-Leistungsverhältnis und zielgruppenorientierte Angebote.
„Wir freuen uns sehr, wenn sich Politiker wie Herr Bovenschulte darüber Gedanken machen, wie die Anzahl der Nutzer im ÖPNV gesteigert werden kann. Der Preis ist sicherlich eine Komponente, aber gerade im Tarifgebiet des VBN stellt auch das Angebot der Verkehrsunternehmen eine entscheidende Nutzungshürde dar“, sagt Ingo Ostermann als Sprecher des Beirats.
„Wenn Verwaltung und Politik den Fahrpreis als entscheidendes Kriterium ausgemacht haben, dann wäre jetzt der richtige Moment gewesen, den Tariferhöhungen zu widersprechen und unter Umständen auch über Preissenkungen zu diskutieren“, führt er weiter aus.
„Stammkunden, die regelmäßig von Verspätungen und Leistungsausfällen betroffen sind, bringen wenig Verständnis auf und der ein oder andere Kunde schaut sich natürlich auch nach Alternativen um, sofern es die gibt“, ergänzt sein Kollege Gregor Voßhal. „Monatelanger Schienenersatzverkehr oder mangelhafte Leistungen bei der Schülerbeförderung sind extreme Zumutungen“.
„Es fehlen Anreize, den eigenen PKW in der Garage stehen zu lassen. Zweitwagen sind in Familien nichts Ungewöhnliches und in den ländlichen Regionen auch notwendig, um von A nach B zu kommen. Stundentakt ist von wenigen stark frequentierten Buslinien abgesehen eine große Ausnahme und an Wochenenden und in den Ferien wartet man an vielen Haltestellen vergeblich“, umreißt Gregor Voßhal das Kernproblem.
Preis und Leistung stimmen vielleicht noch in der Stadt Bremen, aber 90 Minuten Fahrzeit für die Strecke Schwanewede – Osterholz-Scharmbeck wird einen PKW-Besitzer nie zum Umstieg bewegen.
Außerdem sind die Tariftabellen und Fahrkartenautomaten für Gelegenheitsfahrer ein Problem. In den Städten gilt es, Sonderregelungen zu beachten, die Insellösungen eines Verkehrsunternehmens sind. Warum sind die Ticketpreise in Oldenburg und Bremerhaven unterschiedlich und warum muss man beim passieren einer Gemeindegrenze so immens viel mehr für einen Fahrschein ausgeben, obwohl man beim Aussteigen unter Umständen noch das Ortsschild in Blickweite hat?
Zu den Forderungen des Fahrgastbeirates gehört die Anerkennung des VBN-Tarifs auf den Weser- und künftigen Hafenfähren. Es muss auch geprüft werden, ob man mit neuen Angeboten, die sich zum Beispiel an die Generation 60+ oder an Familien richten, neue Kunden gewinnen kann.
„Wir können den Ansatz der kommunalen Träger verstehen, die Kosten für den ÖPNV deckeln zu wollen und Kostensteigerungen vor allem durch höhere Fahrpreise abzufangen. Aus unserer Sicht muss das Angebot mit Unterstützung von Bund und Ländern in den einwohnerschwachen Regionen erheblich ausgebaut werden, um mit dem Individualverkehr mithalten zu können. Die Politiker auf Gemeinde- und Kreisebene müssen endlich erkennen, dass die ÖPNV-Infrastruktur künftig noch mehr Gewicht bei der Wahl des Wohn- oder Geschäftssitzes haben wird und genauso diskutiert werden müsste wie der Ausbau der Breitbandnetze“, meint Ingo Ostermann.
Investitionen in WLAN in den Fahrzeugen oder umweltfreundlichere Technologien sind löblich, doch für die Kunden ist es viel wichtiger, dass überhaupt ein Bus oder eine Bahn pünktlich vorfährt und ihn ohne Stress zum Ziel bringt. Die Nachfrage wird steigen, wenn Preis und Leistung aus Sicht des Kunden stimmen und die Fahrt angetreten werden kann, ohne groß über Tariftabellen oder Fahrpläne nachdenken zu müssen. Die Verkehrsunternehmen und deren kommunalen Auftraggeber unter der Federführung von VBN und ZVBN sind gefordert, Ideen und Konzepte zu entwickeln, die diesem Anspruch gerecht werden.